Hermann und Anna und die Geschichte der drei Riesen

Hermann und Anna wandern alle Etappen des Hermannsweges und entdecken dabei die liebenswerten Städte entlang des Weges und erfahren über jede alte Sagen und Geschichte.

 

Über Rheine erzählt Hermann Anna eine alte Sage über drei Riesen...

 

Anna und Hermann treten aus dem Rheiner Bahnhof in die Sonne und sind gespannt auf die erste Etappe des Hermannsweges. Auf diese gemeinsame Wanderung haben sich die Beiden schon lange gefreut. Nach einer kurzen Strecke durch die malerische Altstadt Rheines sind sie schon auf grünen Wegen an der Ems unterwegs. Opa Hermann macht Anna auf die drei Hügel aufmerksam, die in dieser noch flachen Landschaft des Münsterlandes besonders hervorstechen.

„Weißt du“, sagt Hermann „ es gibt eine wunderbare alte Sage zu diesen kleinen Bergen. Willst du sie hören?“.

Die beiden setzen sich auf eine Bank, nahe am Wasser der Ems, und Opa Hermann fängt an zu erzählen:

"In Rheine trafen sich zu jener Zeit, wo Thieberg, Waldhügel und Stadtberg noch flach wie das Umland waren, drei Riesen. Einer von Westen kommend, einer von Süden und der letzte von Osten. Sie beschlossen, sich hier niederzulassen, und bauten eine Burg - dort, wo sich heute der Thieberg befindet.

Hier trieben sie über Jahre hinweg ihr Unwesen, verschlangen Tiere und auch unschuldige Bürger. Zwei der Riesen hatten sich ein Versteck gesucht, von dem aus sie versuchten, Nahrung zu beschaffen; der eine am heutigen Waldhügel, der andere an der Stelle des Stadtberges. So verweilte tagsüber nur ein Riese in der Burg. Der König des Landes stellte eines Tages dem, der es schaffen sollte, die Riesen umzubringen oder ein für alle Male zu vertreiben, die Hand seiner Tochter und ein großes Stück Land in Aussicht.

Eines Tages kam ein Schäfer mit seiner Herde in die Gegend. Er war fremd, und so wusste er nichts von den gefährlichen Riesen. Nun wurde das Wetter schlechter, und der Schäfer suchte in der Burg Schutz. Über sich hörte der Schäfer ein fürchterliches Lachen, und schon packte ihn die Faust des Riesen. Er schubste ihn in den Keller der Burg, auf halbem Weg kam dem Schäfer aber eine List in den Kopf: "Bei uns Menschen ist es Sitte, dass der Stärkere und Größere die Ehre hat, voranzugehen. Geh du also vor!" Dem Riesen kam nicht in den Kopf, dass dies eine List sei, und er ging voran. Der Schäfer erschlug ihn mit seinem knotigen Hirtenstecken und so purzelte das Ungetüm die Treppe herunter und war tot.

Da kamen aber auch schon die beiden anderen Riesen. Der Schäfer suchte Schutz in einer dunklen Mauernische, ließ den ersten zwei Stufen vorangehen und schlug auch diesen mit dem Hirtenstecken. Der Riese konnte sich die Schmerzen nur damit erklären, dass der dritte ihn geschlagen haben müsse. So stürmte er zurück und ein fürchterlicher Kampf begann, an dessen Ende beide in ihre Verstecke taumelten und dort tot niederfielen.

Der Hirte heiratete die Königstochter und aus den Steinen der Burg der Hünen wurden neue Häuser gebaut, nur ihre massigen Körper sind noch heute erkennbar: Thieberg, Waldhügel und Stadtberg...

(aus: August Hollweg, Die Heimat in der Sage, 2. Auflage 1978)